Die COVID-19-Pandemie hält die Welt in Atem. Der neuartige Virus, welcher seinen Anfang in Wuhan in China nahm, verbreitet sich in den letzten Wochen rasant und die Neuinfektionen sind auf einem besorgniserregenden hohen Niveau. Der aktuelle Status Quo und das Leben mit Einschränkungen wird sich jedoch voraussichtlich erst ändern, wenn ein Impfstoff und Medikamente in der Breite verfügbar sind oder eine Immunität erzielt wurde [1]. Trotz steigender Fallzahlen und der weltweiten Folgen der Krise gibt es in einem anderen Bereich Grund zu Optimismus: Die Digitalisierung. 92 % der Experten sagen in einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung, des Münchner Kreis und des TUM Campus Heilbronn, dass die Krise die digitale Transformation beschleunigen wird [2]. Herr Dr. Zingel, Mitglied des Vorstands bei Siemens Healthineers, fasst dies folgendermaßen zusammen.

“Die Pandemie, so schrecklich sie auch ist, hat sich als ein Digitalisierungsbeschleuniger erwiesen”

 [3]

Und tatsächlich: Covid-19 ist ein Wendepunkt für die digitale Transformation und sollte von den Unternehmen als Umbruch für strategische strukturelle Veränderungen betrachtet warden. Unternehmen, welche bereits vor der aktuellen Krise in die digitale Transformation investiert haben, profitieren von diesem Investment und können Verluste abfedern. Zu den strategischen Maßnahmen zählen unter anderem die durchgängige Digitalisierung der Lieferketten, End-to-End-Lösungen, digitale Geschäftsmodelle mit datenbasierten Dienstleistungen und Plattformkonzepten, autonome Entscheidungen und Prognosen von intelligenten KI-Systemen statt Erfahrungswissen und Prozessdokumentation, sowie agilere Steuerungsmodelle [4].

Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass digital reifere Unternehmen flexibler auf die Krise reagieren können als digitale Follower. Viele traditionelle Unternehmen, welche ihr Geschäftsmodell nicht massiv verändern und sich nicht über die Dringlichkeit der Digitalisierung im Klaren sind, stehen vor dem Aus. Akteure mit fortgeschrittenem digitalen Reifegrad hingegen sind anpassungsfähiger, handlungsfähiger und wirtschaftlich überlebensfähiger [4]. Eine klare systematische Digitalstrategie und die Ausbildung digitaler Resilienz sichern nicht nur nachhaltig Wettbewerbsvorteile, sondern wappnen Unternehmen im Falle unvorhergesehener Krisen. Lieferengpässe, Ausfall von Zulieferern, Verzögerungen, Schwankungen in der Kundennachfrage und Störungen entlang der Wertschöpfungskette sind damit besser zu bewältigen. Dies verdeutlicht: Die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit hängt wesentlich vom digitalen Reifegrad der Unternehmen ab.

Auswirkungen von Corona auf beruflichen Alltag und Digitalisierung

Regierungen weltweit haben Ausgangsbeschränkungen, Schulschließungen sowie Social Distancing angeordnet, um die Ausbreitung des Virus zu bekämpfen. Diese Maßnahmen führten dazu, dass sich der berufliche Alltag vieler Menschen drastisch verändert hat. Die Digitalisierung hat neue Impulse erfahren und wurde in den letzten Monaten beschleunigt. Ein Indiz dafür ist, dass die Nutzung digitaler Medien, E-Learning, oder das Arbeiten im Home-Office sowie die Telearbeit signifikant zugenommen haben. Zum Vergleich beleuchtet das folgende Schaubild die Verbreitung und Popularität von Home Office in Europa im Jahr 2018 [5].

Abbildung 1: Schaubild zur Verbreitung von Home Office in Europa im Jahr 2018 [5]

Im Jahr 2018 arbeiteten in Deutschland nur 5 % aller Beschäftigten im Home Office. In Finnland nutzen 13,3 % aller Beschäftigten zwischen 15 und 64 Jahre die Möglichkeit, von zuhause aus zu arbeiten. 2020 ist die Situation anders: Laut einer Mannheimer Corona-Studie [6] arbeiteten zwischen 20.03. und 31.03. in Deutschland 21, 2 % der Beschäftigten aus dem Home Office.

Die gestiegene Verbreitung von Home Office ist einerseits ein Resultat aus den Maßnahmen der Regierung. Andererseits sind mit dem Home Office mehrere Vorteile verbunden, welche sich sowohl für die Beschäftigten als auch für die Unternehmen ergeben:

  1. Zeitersparnis (z. B. durch Wegfall der Anreise zum Arbeitsplatz)
  2. Fokus und Minimierung potentieller Ablenkungsfaktoren
  3. Räumliche und zeitliche Flexibilität
  4. Nachhaltigkeit und Umweltschonung (z. B. aufgrund virtueller Videokonferenzen und Meetings statt Dienstreisen)

Durch diese Flexibilität und die Vielzahl an digitalen Kollaborationswerkzeugen ist für viele Beschäftigte die aktuelle Situation bewältigbar und Famile und Beruf besser vereinbar.

Es ist zu erwarten, dass auch nach der Krise im post Covid-19 New Normal viele dieser Errungenschaften und Digitalisierungsbausteine im beruflichen Alltag erhalten bleiben werden. Hybride Arbeitsmodelle sind vor diesem Hintergrund ein realistisches Szenario. Derartige Modelle kombinieren Präsenzzeiten im Büro sowie das mobile Arbeiten.

Rolle von Data Analytics während der Pandemie

Data Analytics spielt auch in der aktuellen Krise eine entscheidende Rolle. Analytics-Ansätze können anhand der Komplexität, des Reifegrads und des generierten Informationswerts [7] differenziert werden. Im Folgenden wird eine Einführung in die wichtigsten Formen und Ausprägungen von Data Analytics gegeben:

  1. Business Intelligence (BI)/Descriptive Analytics: Der Fokus liegt auf der   Untersuchung und Visualisierung zurückliegender  Ergebnisse [8]. Ziel  ist  es folglich,  frühere  Ereignisse zu analysieren und  das  Verständnis  über  wesentliche Einflussfaktoren   zu   erhöhen. Ein Kennzeichen für diesen Data Analytics Ansatz ist die Nutzung von Key  Performance  Indicators  (KPI), Scorecards sowie Soll-Ist-Vergleiche. Descriptive bedeutet, dass lediglich die Vergangenheit beschrieben werden soll. Es wird geprüft, was geschehen ist. Beispielsweise dienen monatlich erzielte Umsatzzahlen eines Discounters als Diskussionsgrundlage für zukünftige Entscheidungen der Filialleiter [7]. Werkzeuge dieser Kategorie beinhalten z. B. relationale Datenbanken sowie  Tabellenkalkulationen.

Führende Softwareunternehmen und Anbieter von Data Analytics Lösungen schaffen Mehrwerte in der Krise auf verschiedene Art und Weise. Beispielsweise werden Daten aggregiert und mittels interaktiven Dashboards und Statistiken visualisiert. Die grafische Darstellung basiert auf den Fallzahlen zu Infektionen, Todesfällen sowie Genesungen, welche von den lokalen Behörden der WHO oder der Johns Hopkins University verfügbar gemacht werden. Data Analytics dient damit als wichtiges Entscheidungstool bei der Datenanalyse (z. B. Korrelationsanalyse) sowie bei der Einschätzung von Prognosen und Trends durch Mediziner und Epidemiologen. Durch die Informationsbereitstellung und die frei zugänglichen Schaubilder und Dashboards wird das Wissen über die Pandemie gemehrt sowie die Gesellschaft informiert. [9]

Die folgende Tabelle führt namhafte Anbieter von Data Analytics Lösungen für Covid-19 Dashboards auf:

Tabelle 1: Übersicht über Anbieter von Data Analytics Lösungen für Covid-19 [9]

Softwareunternehmen
Information Builders
Targit
Microsoft Power BI
SAS Institute
Bissantz
MicroStrategy
Tableau Software
Esri

Literaturquellen

[1]  J. Kohlhammer, Visual Analytics für Covid-19, https://www.igd.fraunhofer.de/projekte/visual-analytics-fuer-covid-19, 2020.

[2]  ntv, So verändert die Corona-Krise die Arbeitswelt. „Erfolgsfaktor Digitalisierung“, https://www.n-tv.de/wirtschaft/So-veraendert-die-Corona-Krise-die-Arbeitswelt-article21932903.html, 2020.

[3]  Healthcare in Europe, COVID-19 – ein Booster für die Digitalisierung. Krise und Chance zugleich, https://healthcare-in-europe.com/de/news/covid-19-ein-booster-fuer-die-digitalisierung.html, 2020.

[4]  W. Neuroth and D. Mueller, COVID-19 als Beschleuniger der Digitalisierung?, https://www2.deloitte.com/de/de/pages/operations/articles/covid-19-digitalisierung.html, 2020.

[5]  M. Brandt, So verbreitet ist Home Office in Europa. TELEARBEIT, https://de.statista.com/infografik/21078/nutzung-von-home-office-in-europa/, 2018.

[6]  A. G. Blom, A. Wenz, T. Rettig, M. Reifenscheid, E. Naumann, K. Möhring, R. Lehrer, U. Krieger, S. Juhl, S. Friedel, M. Fikel, C. Cornesse, and J. Axenfeld, Die Mannheimer Corona-Studie: Das Leben in Deutschland im Ausnahmezustand. Bericht zur Lage vom 20. März bis 31. März 2020, 2020.

[7]  M. Stephan and B. Grether, “Predictive Analytics: Grundlagen, Projektbeispiele und Lessons Learned,” Reporting und Business Analytics, vol. 1, pp. 41–63, 2020.

[8]  X. J. He, “Business Intelligence and Big Data Analytics: An Overview,” Communications of the IIMA, vol. 14, 2014.

[9]  A. Bange, Coronavirus-Dashboards, https://www.bi-scout.com/coronavirus-dashboards, 2020.

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